Wozu Museen gut sind
Vor einigen Jahren hatte ich im Norden der Stadt ein altes Spritzenhaus entdeckt. Und wer jetzt nicht an den Räuber Hotzenplotz gedacht hat, hat als Kind offenbar zu wenig von Otfried Preußler gelesen, denn dort spielt ein Spritzenhaus ja mehrmals eine wichtige Rolle.
Mein Häuschen hier war nicht besonders neu und auch nicht sehr groß. Es war schon etwas in die Jahre gekommen und wirkte baufällig. Die Fenster kaputt, einige Steine aus dem Fachwerk herausgefallen und die Holzbalken an vielen Stellen verfault. Ich war schon öfter an der Stelle vorbeigefahren, aber das alte Feuerwehrhäuschen war mir noch nie aufgefallen.
- Verrottetes Holz an den Fenstergittern.
- Schwelle und Fundament sind sehr mitgenommen.
- Ganze Fächer und Balken fehlen.
- Fast schon verfallen.
Im Wesentlichen war es ein großer Fachwerkschuppen mit einem Tor für das Feuerwehrauto auf der Giebelseite. Das auffälligste Baumerkmal war jedoch das kleine Türmchen über der Frontseite des Hauses, welcher es eindeutig als Spritzenhaus kennzeichnete.
Früher habe ich nie gewusst, wozu diese Türmchen da waren. Ich stellte mir vor, dass darin die Feuerglocke hing, mit der im Brandfall Alarm gegeben wurde. Aber viele dieser Türmchen hatten Außentüren bis in die oberen Stockwerke (so wie hier auch). Ich dachte, dass es vielleicht Ausguckplattformen seien, um die Brandstelle finden zu können, aber oft waren oben auch keine Fenster oder Plattformen zu finden. Irgendwann klärte mich dann mal jemand (auf höchst herablassende Art) darüber auf, dass es sich dabei um Schlauchtürme handelte, in denen nach den Einsätzen die nassen Schläuche getrocknet werden. Das klang logisch und erklärte auch die Tore im Turm. Sie konnten zum Lüften geöffnet werden, bis die Schläuche trocken waren.
In früheren Zeiten stand in solchen Schuppen natürlich eine Feuerspritze, die möglicherweise noch von Pferden gezogen wurde. Das war hier allerdings nicht der Fall, denn nach der Geschichte des Löschzuges, die ich auf dessen Internetauftritt finden konnte, wurde das Spritzenhaus im Jahr 1920 gebaut und offenbar bis in die 70er Jahre genutzt. Dann war es vermutlich für die neuen Löschfahrzeuge zu klein geworden.
Dass ich es bisher übersehen hatte war kein Wunder, denn ursprünglich stand am Rand eines kleinen Wäldchens und war vermutlich seit 30 Jahren mehr und mehr zugewuchert (auf alten Luftbildern war das gut zu erkennen. Bei solchen Sachen ist das Internet toll!).
Als ich es dann entdeckte, war das Wäldchen abgeholzt worden und an der Stelle stand ein großer Neubau (auch das ist im Internet leicht zu finden). Daher stand der alte Feuerschuppen nun wie bestellt und nicht abgeholt mitten auf einem Parkplatz.
Danach bin ich noch ein paar Mal vorbeigekommen und habe mich jedes Mal gefragt, was mit diesem alten Fachwerkhäuschen wohl passieren würde. Würde er als Denkmal restauriert werden?
Eines Tages war das Spritzenhaus weg. Abgerissen. Offenbar war es nicht mehr zu retten gewesen. Schade, denn ich mag Fachwerk sehr.
Vor ein paar Tagen kam ich nun zufällig an dem kleinen Freilichtmuseum unten am Aasee vorbei, dem “Mühlenhof”. Auf einer Fläche war zum Weg hin etwas aufgeräumt worden und was entdecke ich da, offenbar gerade neu aufgebaut? Das alte Spritzenhaus als Ausstellungsstück im Museum!
Am nächsten Tag habe ich es mir sofort genauer angesehen. Es ist eindeutig dasselbe Gebäude. Doch so ganz viel ist von der alten Bausubstanz nicht erhalten geblieben. Die meisten Balken wurden erneuert oder rekonstruiert. Aber das ist angesichts des schlechten Zustandes vorher nicht weiter verwunderlich. Schließlich handelte es sich um einen Zweckbau aus den zwanziger Jahren für den damals sicherlich nicht das beste Baumaterial verwendet worden ist.
Im Innenraum wurden beim Wiederaufbau einige zusätzliche Verstrebungen eingezogen. Das war wahrscheinlich nötig, denn wer auf den älteren Fotos genau hinschaut, kann erkennen, dass die Wände schon etwas schief aussahen und das ganze schon etwas wackelig wirkte. Einem heutigen Statiker ist da wahrscheinlich kurz mal schwindelig geworden.
- Die Außenwand nach dem Wiederaufbau. Alles wirkt deutlich solider.
- Eines der alten Fenster im Museum. So haben die Gitter auch wieder eine Funktion.
- Bunte Giebelverbretterung. Auch hier wurde einiges erneuert.
- Innen sorgen neue Strebebalken für sicheren Stand.
- Noch ein Blick in den Innenraum. Die Fenster und Deckenbalken sind offenbar noch original.
- Auch im Turm sind noch ursprüngliche Balken verwendet worden. Aber auch neue Balken stabilisieren das Ganze.
Kurzum, ich habe mich riesig gefreut, dass dieses Feuerwehrhaus seinen Weg in eine Ausstellung gefunden hat und so nicht nur erhalten bleibt, sondern auch besichtigt werden kann. Demnächst kommt dann wahrscheinlich noch eine Tafel mit einer Erklärung davor.
Ob dafür wohl noch ein Foto vom alten Standort gesucht wird?
P.S.: Mir fällt gerade auf, dass das hier der zweite Beitrag in Folge ist, in dem ein Turm aus Holz eine Rolle spielt. Das mir das nicht einreißt!