Mehr über Motten

Das meint natürlich wieder die Turmhügelburgen des frühen Mittelalters.

Erinnert sich noch jemand an meinen Besuch in Dreibergen? Ich erinnere mich natürlich gut. Auch daran, dass ich zur Illustration eine kleine Zeichnung präsentiert hatte, da heute immer nur noch die Hügel selbst übrig sind. Ohne Turm und Burg. Und ich hatte noch gefragt, ob es nicht irgendwo bessere Fotomöglichkeiten von so etwas gäbe. Gibt es.

Die Turmhügelburg Lütjenburg ist eindeutig eine Niederungsburg.

Die Turmhügelburg Lütjenburg ist eindeutig eine Niederungsburg.

Eine Einladung* nach Schleswig-Holstein führte mich nach Lütjenburg (liegt etwas im Inland zwischen Fehmarn und Kiel). Dort steht heute eine Niederungsburg. Natürlich ist es kein Original, sondern ein rekonstruierter Neubau.

Von der oberen Plattform des Turms aus hat man einen guten Blick in die Gegend. Dabei wird ziemlich deutlich, warum dies eine “Niederungsburg” ist: sie steht an einem Bachlauf in einem seichten Talgrund. Der Bach bewässerte den Graben um die Motte und war so ein wichtiges Element der Verteidigung. Und natürlich auch der Versorgung der Burg.

Turmhügelburgen aus dieser Zeit haben sich nirgendwo erhalten, erst recht keine aus Holz. Und so orientiert sich die Bauweise in Lütjenburg an dem, was an Quellen zum 12. und 13. Jahrhundert zu finden ist: Beschreibungen, Abbildungen wie den berühmten Teppich von Bayeux (der etwas älter ist…) und Beispiele von Holzkonstruktionen, die sich in Häusern und Kirchen erhalten haben.

Die gesamte Anlage ist erkennbar mit viel Liebe zum Detail errichtet worden. In Zusammenarbeit mit der Uni Kiel und der Denkmalpflege Schleswig-Holstein ist hier ein schönes Ensemble verschiedener Bauten entstanden, die zu so einer kleinen Befestigung gehört haben können.

In der Vorburg, zu Füßen der eigentlichen Motte, also dem Hügel mit dem Hauptturm, steht eine große Fachwerkhalle, die ursprünglich als Lager- und Wirtschaftsgebäude diente. Heute ist es das Haupthaus der Anlage. Hier finden zum Beispiel Veranstaltungen und Konzerte statt. Daneben liegt das repräsentative Wohnhaus des Burgherren, bei dem die Gefache nicht mit Lehm, sondern mit Ziegelstein ausgemauert ist. Die Einrichtung ist aufwendiger und es besitzt sogar eine mittelalterliche Fußbodenheizung.

Außerdem gibt es in der Burg noch einWohn- und Stallgebäude, einen kleinen Speicher und eine Schmiede, in der bei den “Burgbelebungen” auch die Präsentationen stattfinden.

Das Bienenhaus hat deutlich mehr Bewohner als die Burg.

Das Bienenhaus hat deutlich mehr Bewohner als die Burg.

Etwas abseits steht noch eine kleine Kapelle, die natürlich in einer Burg auch nicht fehlen darf. Und es existiert noch ein Bienenhaus, wo tatsächlich auch Honig produziert wird (jeder, der einmal einen Robin-Hood-Film gesehen hat, weiß, was sich aus Honig alles leckeres machen lässt…).

An den Brettern und Balken der Häuser sind überall deutlich Beilspuren zu erkennen. Hier wurde das Holz nicht mit der Motorsäge bearbeitet, sondern ganz klassisch mit dem Beil. War sicherlich eine Wahnsinnsarbeit, ist aber sehr original und sieht gut aus.

Außerhalb der Burgpalisade befindet sich eine Wiese, auf dem Märkte und Feste stattfinden. Dort gibt es noch eine Bühne und, ganz wichtig, eine Schänke, wo bei solchen Veranstaltungen höchst unmittelalterlich gekühlte Getränke verkauft werden. Irgendwo muss mal Schluss sein mit der Originalität.

Die Turmhügelburg  in Lütjenburg hat so, wie sie heute zu sehen ist, nie existiert. Auch der Ort ist modern gewählt worden. In der Umgebung befinden sich zwar einige historische Kleinburgen, die aber natürlich aus Gründen des Denkmalschutzes nicht einfach überbaut werden durften.

Aber diese Motte bietet eine schöne Gelegenheit, sich einen Eindruck von einem kleinen Adelssitz aus dem 12. oder 13. Jahrhundert zu machen.

Aus wissenschaftlicher Sicht werden solche Rekonstruktionen oft kritisch gesehen. Natürlich ist eine genaue Wiederherstellung einer alten Burg nicht möglich. Zu viele Details bleiben unbekannt. Aber als Annährung an eine geschichtliche Realität gefallen mir solche Burgen gut.

Und als Fotomotiv natürlich erst recht.

 

* Vielen Dank an die Leezenkaline.

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