Im Land der großen Steine
Megalithgräber, gerne auch “Hünengräber” genannt, gehören zu den bekanntesten archäologischen Denkmälern überhaupt. Jeder, der als Kind schon mal das eine oder andere Asterix-Heft gelesen hat, kennt diese merkwürdiger Steintische, die in Frankreich auch so heißen: “Dolmen”, was das bretonische Wort für Steintisch ist. Ich war als kleiner Junge völlig begeistert, als ich erfuhr, dass es solche Großsteingräber (was Megalith-Grab auf deutsch heißt) auch bei uns gibt.
Das nächstliegende, die “Steinkiste” südlich von Soest, war aber mehr durch das daneben liegende Restaurant gleichen Namens bekannt. Von der jungsteinzeitlichen Grabanlage sind nur noch ziemlich kümmerliche Reste zu sehen. Warum das ein “Groß”-Steingrab sein sollte habe ich damals nicht ganz verstanden.
Inzwischen weiß ich, dass es bei den Megalithgräbern ziemliche Unterschiede gibt und Dolmen, wie die in Frankreich, etwas anderes sind, als die Galeriegräber im Raum Soest.
Von vielen Hünengräbern ist heute nur noch relativ wenig erhalten. Kein Wunder, bei dem Alter. So ungefähr 4000 v. Chr. begannen die Menschen in Westeuropa damit, ihre Toten in solchen Gemeinschaftsgräbern zu bestatten. In Nordwestdeutschland etwa 1000 Jahre später (alles natürlich plus-minus einige Jahrhunderte…)
Die Großsteingräber stehen also schon seit mehreren tausend Jahren. Im Laufe der Zeit(en) wurden viele davon stark beschädigt, oft, weil sie die Bauern bei der Feldarbeit störten. Die alten Grabstätten wurden ausgeräumt und abgetragen, die Reste wurden untergepflügt. Bis ins 20. Jahrhundert hinein sahen viele Menschen in den Megalithgräbern nicht mehr als eine Art Steinbruch. Besonders im flachen Norddeutschland waren die Gräber eine einfache Möglichkeit, Baumaterial zu beschaffen.
Trotzdem gibt es heute noch etliche “Hünengräber”, “Teufelssteine” oder “Hünenbetten”, von denen viele einen Besuch wert sind. Besonders in Niedersachsen treten sie regional geradezu in Rudeln auf. Das hat dazu geführt, dass vor ein paar Jahren eine Straße der Megalithkultur eingerichtet wurde. Sie führt von Osnabrück in einigen großen Bögen durch das Emsland bis nach Oldenburg.
Eine Sache ist noch wichtig: die “Steintische” sind eigentlich nicht das Original. Ursprünglich lagen die Gräber unter Erdhügeln, höchstens die großen Decksteine schauten oben ein wenig heraus. Es ging den Erbauern ja darum, einen dauerhaften Raum für ihre Toten zu schaffen. Holz war wenig geeignet, da es schnell verrottete und die Kammern dann einstürzten. Die einzige damals verfügbare und ausreichend haltbare Alternative waren Steine. Und für die Abdeckung der Kammer musste halt ein besonders großer Brocken oben auf die Wandsteine gelegt werden. Dann wurde der Hügel darüber aufgeschüttet. An einigen Orten gibt es heute Rekonstruktionen davon, zum Beispiel im Steinzeitpark in Albersdorf und auch auf der Straße der Megalithkultur.
Mehr zu Gräbern, aber besonders auch zum Leben in der Jungsteinzeit gibt es noch bis zum 16. April 2016 in der archäologischen Landesausstellung “Revolution Jungsteinzeit” im Landesmuseum in Bonn zu sehen.